Offener Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn

Bonn - Bad Godesberg, 24. September 2020

Die Frage, wie es weiter geht, wenn ein Corona-Impfstoff auf dem Markt ist, beschäftigt uns alle. Gerade haben Sie noch einmal betont, dass es in Deutschland keine Schnellzulassungen geben wird. Sie setzen auf Sicherheit und Wirksamkeit im Sinne des Vertrauens der Bevölkerung.

Dennoch: Auch unter diesen sinnvollen Maßgaben wird der Impfstoff kommen und es gilt jetzt, die Weichen zu stellen für die notwendigen umfangreichen Impfmaßnahmen der Bevölkerung.

Schon im vergangenen Jahr haben Sie in Bezug auf die Grippe den Versorgungsauftrag für Impfmaßnahmen gestärkt, indem Sie ein Modellvorhaben ins Leben gerufen haben, das es geschulten Apothekerinnen und Apothekern erlaubt, Grippeschutzimpfungen durchzuführen. Vor diesem Hintergrund meine Frage an Sie:

Warum sollten nicht auch Zahnärztinnen und Zahnärzte impfen dürfen?

Zahnmediziner haben eine volle akademische Ausbildung von mindestens fünf Jahren (bzw. von mindestens 7 Jahren bei Kassenzahnärzten) und sind somit Fachärzte, nämlich für die Zahn- und Mundgesundheit. Sie haben also die Expertise, Impfungen sicher durchzuführen und die klinische Erfahrung, um gegebenenfalls bei einem Zwischenfall zu reagieren. Hinzu kommt, dass die sozial versicherte Bevölkerung (95 Prozent) mindestens einmal im Jahr eine Zahnarztpraxis aufsuchen sollte und dies in einem Bonusheft auch testiert bekommt. Mit ca. 42.000 Zahnarztpraxen in Deutschland (Stand 2017), in denen rund 72.500 Zahnärztinnen und Zahnärzte tätig sind, ist eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung gewährleistet.

Unser Netzwerk aus Zahnmedizinern könnte eine zügige Impfung gegen das Corona Virus wirkungsvoll unterstützen.

Dahingegen gibt es in Deutschland 19.075 Apotheken (Stand Ende 2019), also um die Hälfte weniger als Zahnarztpraxen. Pharmazeutinnen und Pharmazeuten klären professionell über die Verwendung von Medikamenten auf und sind vor Ort wichtige Ratgeber in Gesundheitsfragen für die Menschen. Sie dürfen aber keine Rezepte ausstellen und es fehlt die klinische Erfahrung. Nicht umsonst ist im Modellprojekt zur Grippeschutzimpfung in Apotheken eine ärztliche Schulung der Apothekerinnen und Apotheker vorgesehen, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten.

Als Präsident des zweitältesten deutschen Fachverbandes für Zahn-Implantologie bitte ich Sie, Herr Minister Spahn, die bisherigen Bestimmungen zu ändern. Denkbar ist auch hier ein entsprechender Referentenentwurf aus Ihrem Ministerium, der Zahnärztinnen und Zahnärzten das Impfen erlaubt. Dies könnte ebenfalls als Pilotprojekt für eine begrenzte Dauer mit wissenschaftlicher Begleitung gestaltet sein.

Die Zahnärzteschaft in Deutschland hat einen Versorgungsauftrag für die Bevölkerung zu erbringen. Wie eine interne Umfrage in unserem Fachverband ergeben hat, wäre die Mehrheit der Praxen bereit, diesen Auftrag auch um das Impfen zu ergänzen: 3/4 der Rückmeldungen unserer Mitglieder sagt aus, dass sie Patientinnen und Patienten in ihren Praxen impfen würden. Fortbildungen im Vorfeld könnten wir als wissenschaftlicher Fachverband mit initiieren.

Ich halte es für eminent wichtig, dass die Bevölkerung nach der Zulassung eines wirksamen Impfstoffes schnellstens versorgt wird. Wir Zahnärztinnen und Zahnärzte sind bereit, hierbei unseren Anteil zu leisten.

Ich grüße Sie hochachtungsvoll
Dipl. Ing. Dr. med. dent.
Helmut B. Engels
Präsident DZOI

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